Schule am Ellerbach

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Eine Reise nach Auschwitz

Samstag 14. Februar 2009 von admin


Eine Reise nach Auschwitz

Zum dritten Mal waren Schülerinnen und Schüler der Schule am Ellerbach, Bad Kreuznach, zu einem Informationsbesuch der Gedenkstätte Auschwitz in Polen. Nach den Jahren 2006 und 2007 waren 16 Neuntklässler zusammen mit drei Lehrern (Nadja Geiß, Rüdiger Eibes, Reiner Engelmann) vom 20. bis 24. Oktober 2008 vor Ort, um sich über die nationalsozialistischen Verbrechen zu informieren. Einen Bericht und ein bewegendes Gedicht von der Reise finden sie hier.

Nach den Führungen durch das Stammlager und Auschwitz – Birkenau war die Arbeit im Archiv von Auschwitz ein weiterer Höhepunkt des Aufenthaltes. Von der jüdischen Kultusgemeinde Bad Kreuznach hatte die Gruppe eine Liste mit fünfzig Namen von Juden aus Bad Kreuznach, die in dieses Konzentrationslager deportiert worden waren. Die Aufzeichnungen, die die Schülerinnen und Schüler fanden, waren schockierend.

Beispiele:

Michel, Hugo
Er wurde mit dem Transport vom 3. 11. 1942, Transportnummer 40, nach Auschwitz deportiert.
Auszug aus dem Lagertagebuch:
Nach der Selektion der 1000 eingetroffenen jüdischen Männer Frauen und Kinder werden 269 Männer, die die Nummern 73219 bis 73487 erhalten, sowie 92 Frauen, die die Nummern 23625 bis 23716 erhalten, als Häftlinge ins Lager eingewiesen. Die übrigen 639 Menschen werden in den Gaskammern getötet.

Strauß, Werner
Werner Strauß ist 15 Jahre, als er am 3. 2. 1944 mit dem 67. Transport deportiert wird, in dem sich 1214 Männer, Frauen und Kinder befinden. Der Transport trifft am 6. Februar in Auschwitz ein. Werner Strauß ist einer von 166 Männern, die eine Nummer bekommen, ebenso 49 Frauen. Die übrigen 999 Menschen werden in den Gaskammern getötet.

Strauß, Caroline
Caroline Strauß war 84 Jahre, als sie am 3. 11. 1942 mit dem 40. Transport nach Auschwitz deportiert wurde. Der Zug kam am 6. November 1942 an. Wenn Caroline Strauß die Fahrt überlebt hat, wurde sie spätestens am Tag ihrer Ankunft zusammen mit weiteren 638 Menschen in den Gaskammern getötet.

Wichtig war für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, noch einmal in Kleingruppen durch das Lager zu gehen, um die bisher erhaltenen Informationen zu vertiefen.
Sie sammelten Wörter und Bilder für das Unbeschreibliche, die dann später zu Bausteinen für die Präsentation über die Eindrücke der Fahrt in der Schule wurden.

Auschwitz
Wir waren in Auschwitz
Wir waren an diesem Ort
An dem man Vieles sehen kann
Der aber nicht zu
Begreifen ist.
neues-bild-31
Gesehen haben wir das Lagertor
‚Arbeit macht frei‘
steht in Großbuchstaben darüber
für die Gefangenen der
Weg in einen qualvollen Tod
Gesehen haben wir die Baracken,
die Blocks,
in denen die Menschen eingepfercht waren,
den Appellplatz,
menschenleer,
zu jener Zeit aber der Ort
zum Antreten, zum
Durchzählen, zweimal täglich,
der Galgen in Sichtweite,
Hinrichtungsstätte für
Zwölf Häftlinge gleichzeitig.
Die Erschießungswand zwischen
Block zehn und elf
Heute geschmückt mit
Kerzen und Blumen
Damals durchtränkt mit
Blut.
Gesehen haben wir
– in Vitrinen hinter Glas –
Brillen,
Einen Brillenberg,
Jede Brille hatte
Seinen Träger,
einen Menschen,
der hier für immer seine
Augen verschloss.
Es gab einen Raum, der
Angefüllt war mit
Töpfen, Schüsseln, Krügen, Kannen,
mitgenommen aus der Heimat,
um irgendwo,
wo auch immer
so wurde es versprochen
ein neues Leben zu beginnen.
Zahnbürsten, Kleiderbürsten, Schuhbürsten,
Rasierpinsel,
mitgeführt nur für den einen Zweck,
für den sie bestimmt waren,
heute
in Vitrinen
vieltausendfache Beweisstücke für
Lügen.
Koffer,
Koffer mit Namen,
Koffer mit Geburtsdaten und Nummern,
Koffer,
gedacht für Reisen,
in den Urlaub vielleicht,
mit der ganzen Familie,
oder für den Besuch bei
Verwandten oder Freunden,
nicht aber für die letzte Reise.
Schuhe,
Schuhberge,
Schuhe zum Tanzen,
Schuhe für Feste,
Schuhe für den Besuch im Theater,
Schuhe zum Laufen,
Schuhe zum Arbeiten,
Schuhe,
passend zum Abendkleid
oder
zum Anzug,
nicht aber für den letzten Weg.
Kinderschuhe schließlich,
Kinderschuhe,
gedacht und gemacht für Kinderfüße, zum
Laufenlernen, zum
Spielen, zum
Springen, zum
Tollen und Toben, nicht
Aber fürs Gas.
Die Zyankalidosen,
heute leer und hinter Glas,
damals gefüllt für
das Unvorstellbare und
doch Geschehene,
Vieles haben wir gesehen.
Verschlossen blieb unseren Augen aber
Die Angst der Häftlinge,
ihre Verzweiflung,
ihre stummen Schreie,
ihre Tränen.
Die konnten wir
– vielleicht-
ahnen.
Und wenn uns heute jemand sagt,
das seien doch alles Übertreibungen,
in Auschwitz wurde niemand vergast
oder erschossen oder
medizinische Versuche seien reine
Gräuelmärchen
Wenn das heute jemand behauptet,
dann werden wir uns entschlossen
dagegen stellen und darauf hoffen,
dass wir nicht allein sind,
damit wir uns nicht
noch einmal begegnen
in überfüllten Waggons oder
hinter Stacheldraht
im gestreiften Kleid.

Zigeunerkinder
Sogenannte Rassenforscher bezeichneten Sinti- und Romakinder als nicht erziehbare Bastarde, als Schädlinge und Versager. Wegen der Reinhaltung des deutschen Blutes forderten sie, die Zigeunerfrage endgültig zu lösen.
Durch eine gesetzliche Regelung wurden Sinti- und Romakinder, manchmal zusammen mit ihren Familien, nach Auschwitz deportiert. Viele dieser Kinder wurden für medizinische Versuche von Dr. Mengele ausgewählt, gequält, misshandelt und getötet.

Leichen- und Brotwagen
Häftlinge hatten den Auftrag, morgens mit diesem Wagen durch das Lager Auschwitz – Birkenau zu fahren, um darauf alle Toten einzusammeln.

Anschließend wurde dieser gleiche Wagen mit Brot beladen und in den einzelnen Baracken verteilt.

Eine Konsequenz, die die Menschen aus der Hitler-Diktatur zogen, war die Verabschiedung der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ vom 10. Dezember 1948.

Besonders dem Artikel 1 schenkten die Schülerinnen und Schüler durch das, was sie gesehen haben, besondere Aufmerksamkeit. Aber, und darin waren sich alle einig: Die Menschenrechte müssen bekannt sein, damit sie wirken.

Artikel 1:

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Wissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.

Reiner Engelmann

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